Drapierprozesse für FVK-Bauteile aus Hochleistungstextilien optimieren

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In Zusammenarbeit des Fraunhofer-Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM, dem Institut für Textiltechnik (ITA) und dem Institut für Unternehmenskybernetik (IfU) in Aachen entsteht im Rahmen des AIF-Projektes »OptiDrape« ein Drapier-Katalog für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Das Potential von Bauteilen aus faserverstärkten Kunststoffen (FVK) hängt stark von den verwendeten Verstärkungstextilien und deren Drapierfähigkeit (Verformbarkeit) ab. Die Drapierqualität nach dem Preforming wird anhand von Fehlstellen und Falten im Textil bewertet. Preforming bezeichnet Prozesse zur Herstellung einer trockenen Verstärkungsstruktur. Nur wenn die Textilfasern lokal in der geforderten Orientierung vorliegen, wird das enorme Leichtbaupotenzial des anisotropen Werkstoffs gezielt ausgenutzt. Der Drapierprozess erfolgt bei der Fertigung komplexer Geometrien durch erfahrene Fachkräfte. Dabei fehlen Standards und objektiven Kriterien, der Prozess Bedarf daher aus technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten der Optimierung.

Qualität steigern und Zeiten verkürzen

Das Ziel des Projektes »OptiDrape« ist es, die Qualität von Preforms für FVK-Bauteile zu steigern und die Entwicklungszeiten von Preforms zu verkürzen. Das ITWM klassifiziert die verschiedensten Gelege und Gewebe nach Bindungsarten sowie Rovingmaterialien und -querschnitten bezüglich Drapiereigenschaften. Als Roving wird ein Bündel, Strang oder Multifilamentgarn aus parallel angeordneten Filamenten bezeichnet. Des Weiteren wird der textilspezifische Scherwinkel angegeben. Er charakterisiert, ab wann das Textil Falten wirft.

Insgesamt wurden 16 Textilien aus Carbon- und Glasfasern mit verschiedenen Querschnitten und Bindungsarten sowie unterschiedlichem Versatz gewählt. Das ITA führte dafür zahlreiche Experimente durch und ermittelte effektive Zug-, Schub-, Biege-Eigenschaften sowie Scherwinkel. Die Experten der Abteilung »Transportvorgänge« des ITWM haben parallel dazu die Eigenschaften mit eigener FEM-Software simuliert und validiert. Im Gegenteil zum Experiment erlaubt die Simulation auf Roving-Ebene ein virtuelles, detailgetreues Materialdesign. Das macht es möglich u.a. Rovingquerschnitte, -materialien und Abstände der Bindungspunkte effizient zu variieren. Der experimentelle Katalog wurde so wesentlich erweitert.

Modell für breites Spektrum an Anwendungen

Im Projekt hat das ITWM mittels einer umfangreichen mathematischen Analyse ein prädiktives Modell entwickelt, das die kritischen Scherwinkel berechnet. Diese hängen von zuvor festgelegten Materialien und Abmessungen der Rovings, deren Bindungsart sowie experimentell ermittelter Kontaktdaten ab. Weitere Modell-Parameter sind der Versatz in der Bindung sowie verschiedene Abstände.

Das erzeugte Modell erlaubt es Unternehmen nicht nur den Katalog sehr breit aufzustellen, sondern auch alle Designparameter kontinuierlich zu variieren und somit Textilauslegung und -design optimal für jede Anwendung und Anforderung zu gestalten.